Meine nächsten Termine

  • 09.10.2025: Lesung RC Mainz Aurea Moguntia
  • 16.10.2025: Lesung RC Kronberg
  • 04.11.2025: Lesung RC Lüdenscheid
  • 03.03.2026: RC Frankfurt Alte Oper Vortrag

Wenn Journalisten Bericht und Kommentar mischen, eine unerhörte Kritik daran

10 Sep.
10. September 2025

337/September 2025
Guten Tag,
Journalisten, die Wahlkampf machen, stören mich in jedem Einzelfall, egal gegen wen. Der unten stehende Leserbrief ist faktisch überholt, prinzipiell nicht. Gedruckt wurde er nicht. Wäre (leider) auch verwunderlich gewesen.
Mit besten Grüßen
Henning von Vieregge

Lindner, Musk und Milei
Christian Lindner, FDP, hatte in einem Interview gesagt, man solle in Deutschland „ein bisschen Musk oder Milei wagen…“ Darüber berichtet die AZ in einem Fünfspalter, aufgepeppt durch ein großes Foto von Elon Musk, auf Seite 2. Im Text wird die Frage aufgeworfen, was liberal und was libertär sei, wobei letztere Position Musk zugeordnet wird und über Musk Lindner in die Nähe der AfD gebracht wird.

Man hat mir mal beigebracht, dass in Deutschland Journalisten sorgfältig zwischen Nachricht und Kommentar unterscheiden. Gilt diese Regel noch? Werden Artikel, die sich daran nicht halten, von der Redaktion überprüft und korrigiert? Mir kommen gelinde Zweifel.

Im letzten Absatz sind den beiden Autorinnen vollends die Pferde durchgegangen, wenn sie richtigerweise schreiben, Deutschland brauche den Liberalismus, um das Wuchern von Bürokratie und Sozialstaat zu stoppen“, gleichzeitig aber dran hängen, „Deutschland braucht aber keine FDP.“ Es ist nicht die Aufgabe von Journalisten, Wahlkampf zu machen. Hier besteht die Gefahr der nächsten Grenzüberschreitung: mehr politischer Aktionist als beobachtender Journalist sein zu wollen. Ich wäre der Redaktionsleitung dankbar, wenn sie gerade in Zeiten des Wahlkampfs zur Trennung von Nachricht und Kommentar anhalten und polemische Ausfälle nicht zulassen würde.

Leserbrief ungedruckt, weil unerwünscht? Ein Beispiel aus Rheinland-Pfalz:

24 Aug.
24. August 2025

336 August 2025
Guten Tag,
der folgende Leserbrief ging an die in Mainz erscheinende AZ. Die bestätigt den Eingang von Leserbriefen nicht und über Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung des Beitrags gibt es ebenfalls keine Information. Natürlich kann eine Zeitung so verfahren, aber ist das angesichts sinkender Abozahlen klug? Leserbindung geht anders (siehe Beispiel DIE ZEIT in 335)
Dass der folgende Leserbrief übrigens keine Berücksichtigung fand, konnte nicht überraschen. Der Innenminister des Landes Rheinland-Pfalz war bis zu seiner Berufung Oberbürgermeister von Mainz und hält nach wie vor engsten Kontakt zu den Stadtakteuren, wozu Lokaljournalisten selbstverständlich gehören. Ein Zusammenhang, der nicht bewiesen werden kann.
Mit besten Grüßen
Henning v.Vieregge

Leserbrief
Vor kurzem ging die Mitteilung des Innenministeriums Rheinland-Pfalz quer durch Deutschland, Rheinland-Pfalz sei das erste Bundesland, bei dem AfD Mitglieder nicht in den Öffentlichen Dienst eingestellt würden. Jetzt ist zu lesen: „Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) hat Fehler bei der Kommunikation zu neuen Regelungen eingeräumt, die es AfD Mitgliedern künftig schwerer machen, in den öffentlichen Dienstes des Landes zu kommen.“ Wenn man die Nachricht dazu weiter liest, findet man gegen Ende des Berichts des Ministeriums, „aufgrund der medialen Berichterstattung sei die Verwaltungsvorschrift nicht überarbeitet worden“. Was ist also dran an der der Ausgangsmeldung? Da schwant der Leserin und dem Leser: Hier wollte sich ein Minister als entschiedener Kämpfer gegen die AfD profilieren und als ihm die Juristen landauf landab verdeutlicht haben, dass ein derartiges Vorgehen rechtswidrig ist, fand der gleiche Minister flugs im Ministerium den Schuldigen: die Kommunikationsabteilung. Soll man also aus dem Vorgang schließen, dass Meldungen von derartiger Tragweite von der Presseabteilung ohne Prüfung durch den Minister das Haus verlassen?

Leserbriefe und ihr Schicksal- ein erfreuliches Beispiel

05 Aug.
5. August 2025

335 August 2025
Guten Tag, ich möchte heute eine kleine Serie eröffnen. Thema „Leserbriefe und ihr Schicksal“. Ich werde an dieser Stelle Leserbriefe veröffentlichen, die ich zuletzt geschrieben habe und die in der Mainzer Lokalzeitung AZ keinen Platz fanden. Man kann nicht erwarten, dass jeder Leserbrief veröffentlicht wird, aber manchmal ist die Nicht-Veröffentlichung fast vorhersehbar. Aber wichtiger als dieses ist mir das Thema Leserbriefe als vertane Chance von Lokalzeitungen am Beispiel der Allgemeinen Zeitung, die nicht nur in Mainz, sondern mit jeweils anderen Titeln weitgehend gleich in Ausgaben von Darmstadt bis weit in die Region erscheint.

Aber zunächst das Positive. Ich beginne mit der ZEIT. Der Leserbrief wird mit einem freundlich formulierten Formschreiben quittiert, in dem drin steht, dass die Zeitung viele Leserbriefe bekommt und nicht alle abdrucken kann. Der Beitrag werde aber an den Verfasser des Artikels, auf den Bezug genommen ist, weitergeschickt. So auch im Beispielsfall. Hier war der Verfasser ein Externer, der sich prompt bedankte. Wird der Leserbrief tatsächlich zu Teilen gedruckt, gibt es eine erneute Information. „Ihr Leserbrief ist, leider gekürzt, abgedruckt in der aktuellen Ausgabe.“ Leserbriefe, die nicht berücksichtigt werden, können online erscheinen.
Anbei die betreffende Leserbrief-Seite aus der aktuellen ZEIT und die Langfassung des Leserbriefes.
Mit besten Grüßen
Henning von Vieregge

Leserbriefe_32 ZEIT
Hier das Original
Der Vorschlag von Prof. Martin Schröder, Beamte bis 70 arbeiten zu lassen, ist geeignet, die bisher sorgsam vermiedene Gerechtigkeitsdiskussion zur Alterssicherung von Beamten und dem Rest der Gesellschaft mit einem konstruktiven Vorschlag in Gang zu bringen. Würden Beamten die erste Gruppe sein, die bis 70 arbeitet, trüge das zur Beruhigung aller anderen bei. Es ist falsch, Beamte, zum Beispiel Lehrer, die in ihrem Beruf ausgepowert sind, vorzeitig in Ruhestand gehen zu lassen. Notwendig ist auch hier, die versäulte Praxis aufzubrechen: Wer an der einen Stelle nicht mehr arbeiten kann, kann es an einer anderen tun. Beamte werden mit ihren Organisationen ein gewaltiges Getöse starten, wenn ein solcher Vorschlag „in (fast) jedem Fall mit 70 in die Pension“ ernsthaft auf die politische Agenda kommt. Wenn sie schlau wären, würden sie aber zustimmen und damit ihre 71,75 % Ruhestandsgehalt noch eine Weile sichern. Und sie können sich damit trösten, dass Beamte länger leben als alle anderen Werktätigen.
Dr. Henning von Vieregge, Mainz

Beneidenswert: Gut gelesen, schlecht redigiert

18 Juli
18. Juli 2025

334/ Juli
guten Tag, ich habe eine erfreuliche und eine weniger erfreuliche Information. Die erfreuliche Information ist, dass nicht nur Dussmann weiterhin intensiv im Netz mein Buch „Die Glücksverwöhnten“ bewirbt, sondern dass über eine Lesung von mir in der Begegnungsstätte „Hirsch“ in Tübingen ein, wie ich finde, sehr anschaulicher und positiver Bericht erschienen ist. Ich füge ihn hier bei.

Die weniger erfreuliche Nachricht: Mein Buch „Beneidenswert!“ bedarf einer Überarbeitung. Ich habe mich fälschlicherweise auf meinen Spürsinn, was Rechtschreibfehler betrifft, verlassen. Das kann, so musste ich lernen, nicht funktionieren. Wer Texte schreibt, liest sie im Zusammenhang. Ich habe liebe Freunde und Freundinnen, die sich erwünschter Maßen nun als stramme Kritiker erweisen. Also bitte: warten Sie noch etwas mit dem Kauf. Beide Bücher sind als Geschenke zu jeder Jahreszeit eine gute Idee, aber insbesondere natürlich passen sie auf den Gabentisch.
Mit sommerlichen Grüßen
Henning von Vieregge

HIGH LOW BUFFALO

06 Juli
6. Juli 2025

338/ Juli
Guten Tag,
Es ist wichtig, dass einen die Lebensbejahung nicht verlässt. Dazu ein Ratschlag von unseren Enkeln in Atlanta: . Tauschen Sie sich mit ihren Liebsten jeden Tag über »high, low, buffalo« aus. Jeder sagt, was am Tag gut (high) und nicht so gut (low) war und was sonst noch unerwartet oder besonders war (buffalo).
Ich will Ihnen unsere Erfahrung schildern: Was war heute »low«? Wie oft sitzen wir in der Familie zusammen und uns fällt ganz schnell ein, was gut war am Tag und was bemerkenswert (vermutlich »buffalo« genannt, weil das Wort im Amerikanischen für »überraschend« bzw. »verblüffend« steht) und dann grübeln wir über das »Low« nach. Oft will es uns nicht einfallen. Vielleicht ist das Leben ja doch nicht so negativ besetzt, wie es uns manchmal vorkommt. Das ist eine gute Botschaft.
Es geht nicht um den Spruch, dass früher alles besser war. Aber wer auf die Generationen schaut, die im ersten und/oder im zweiten Weltkrieg gelebt haben, und wer die heutige politisch-gesellschaftliche Situation analysiert, wird zustimmen: Die heute 60-80-Jährigen (plusminus) haben eine gute Phase der Geschichte, jedenfalls in Westdeutschland, erwischt, vielleicht sogar eine einmalig gute.
High,low, Buffalo: 2:1 für das Positive im Leben.
Mit besten Grüßen
Henning v. Vieregge
P.S. aus: Beneidenswert!

Beneidenswert! Mein neues Buch

25 Juni
25. Juni 2025


Wiesbaden 2025, Taschenbuch 12,99 €, am besten über epubli bestellen.

332/Juni 2025
Guten Tag,

Es scheint ziemlich abwegig zu sein, die Lage älterer und alter Menschen „beneidenswert“ zu finden. Ich bin darauf gekommen, weil ich wie schon bei früheren Büchern wiederum Generationsgenossen befragt habe. Und deren Antworten ausgewertet bilden das Filetstück des Textes. Der Text ist wiederum ein Mix aus Wissenschaft und Feuilleton.
Bei näherer Betrachtung ist die Zuschreibung „beneidenswert“ aus drei Gründen gerechtfertigt. Zum einen in der historischen Sicht. Früher gab es die Lebensstufe „älter“ nicht; man war alt und bereitete sich auf sein Ende vor. Zweitens der Blick über die Grenze des Kontinents: Nur die wirklich Reichen haben es so wie bei uns der Durchschnitt. Und drittens die Erkenntnis, dass der Alterungsprozess sich nicht in jüngere und ältere Menschen aufteilen lässt, sondern sehr viel komplizierter und individueller verläuft. Nur ganz am Schluss kommen gewissermaßen alle zusammen.
Allerdings verschweige ich in dem Buch nicht, dass es gewichtige Ausnahmen gibt, Menschen die keineswegs in einer beneidenswerten Situation sind, auch wenn man alle genannten Maßstäbe heranzieht.
Auch sind wir von einer „sorgenden Gemeinschaft“, die durch einen neuartigen Mix von professioneller und bürgerschaftlicher Hilfe gesichert ist, noch weit entfernt. Aber wir sind auf dem Weg.
Von all dem handelt das Buch. Beim Thema „großer und kleiner Generationenvertrag“ beschreibe ich liebevoll einen Grandparents Day an einer amerikanischen Privatschule und ordne diese Erfahrung ein mit Informationen über die wichtige Großelternrolle. Und was ist mit Haustieren? Auch dazu gibt es einen Text, einen persönlichen und einen grundsätzlichen. So ist das Buch aufgebaut, eine Mischung aus beidem.
Das Ziel ist, Anregungen zum eigenen Leben zu geben. Jeder von uns hat genug Anlass, immer wieder neu sich die Frage vorzulegen „Wie will ich leben“. Wenn es stimmt, dass diese Generation der Babyboomer, die Achtundsechziger eingeschlossen (Jahrgänge 44-64+ minus), in besonderer Weise eine privilegierte ist, dann muss sie dies freilich auch akzeptieren. Viele Generationsgenossen tun dies und geben Zeit und Geld in gesellschaftliche Projekte. Späte Freiheit als erfüllte Zeit, auch im hohen Alter, das ist die Leitidee dieses Buches.

© Copyright - Henning von Vieregge