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Lobbyarbeit für Afrika Ein Interview Und: Lobbyarbeit für Lifegate bei Bethlehem

26 Nov
26. November 2020

244/November 2020

Guten Tag,
Covid 19 hat die Welt im Griff. Wie lange? Wie stark? Mit welchen Auswirkungen? Die Antworten fallen für die afrikanischen Staaten anders aus als für die europäischen. Ist Afrika ein vergessener Kontinent? Nein, meint Christoph Kannengießer,, Hauptgeschäftsführer des Afrika – Vereins. Für einen Lobbyisten ist diese Einschätzung nicht überraschend. Die Antworten aber in einem ausführlichen Interview für den Verbände Report, Nummer 7 vom November 2020 schon. Lesenswert.
Lobbyarbeit für Afrika Verbändereport 7 2020

Mit herzlichen Grüßen
Henning v. Vieregge
P. S.
Ich nutze die Gelegenheit, um auf mein Herzensprojekt aufmerksam zu machen. Spenden sind willkommen.

Lifegate bei Bethlehem: Bitte um Unterstützung
Es geht um die Anschaffung eines Transportfahrzeugs im Wert von 35.000 € (Diesel) oder 42.000 € (Elektro). Unser Ziel ist es, mindestens zur Hälfte des benötigten Geldes über rotarische Mittel beizutragen. Ein Distrikt Grant ist beantragt, (Antragsteller RC Frankfurt Alte Oper) , ein Global Grant entspricht nicht den Förderrichtlinien von RI, wäre in der Umsetzung auch extrem schwierig geworden aufgrund des komplexen politischen Umfelds. Das genau aber macht den Wert des Projekts aus.
Lifegate ( http://lifegate-reha.de/home/) arbeitet seit 1991 in der Förderung von Kindern und jungen Menschen mit Behinderungen im palästinensischen Autonomiegebiet. Gefördert werden behinderte Kinder nach einem ganzheitlichen Ansatz, der Bildung in Kindergarten und einer Förderschule beinhaltet, eine gute medizinische Versorgung in Facharztkliniken und Krankenhäusern in Israel, Hilfsmittelversorgung und eine umfangreiche therapeutische Betreuung. Mit den Eltern der Kinder wird intensiv zusammengearbeitet. Sie sollen an der Förderung ihrer Kinder aktiv mitwirken. Seitens der lokalen Regierung fehlen jegliche Förderprogramme für diese Zielgruppe. 250 Kinder und junge Menschen sind täglich im Förderprogramm von Lifegate. Lifegate lebt von Spenden, die Unterstützung aus Deutschland über einen Förderverein ist essenziell.
Lifegate – Leiter Burkhard Schunkert sieht einen besonderen Bedarf darin, mitzuhelfen, dass marode Transportfahrzeug (18 Jahre alt, reparaturanfällig) durch einen Neuwagen zu ersetzen. Benötigt wird ein behindertengerechtes Transportfahrzeug, geeignet für den Transport der Kinder zu Ärzten und Krankenhäusern in Israel, zu Terminen und Begegnungen im Westjordanland (zum Beispiel für den Besuch von Regelschulen, um Kinder mit und ohne Behinderungen zusammenzubringen), für den Transport von Rollstühlen und Hilfsmitteln.
Wer helfen kann, nimmt bitte mit mir Kontakt auf. (henningvonvieregge@gmail.com, T.0172 7825430)

Positioniert Euch, aber nicht zu arg!

26 Okt
26. Oktober 2020

Blog 243/November 2020

Guten Tag,

Guten Tag,
Positionierung? Was versteht man darunter und was hat das mit Rotary zu tun? Wikipedia definiert Positionierung als das gezielte planmäßige Schaffen und Herausstellen von Stärken und Qualitäten, durch die sich eine Marke (ein Unternehmen, eine Organisation, ein Produkt oder eine Dienstleistung) in der Einschätzung der Zielgruppe klar und positiv von anderen Produkten oder Dienstleistungen unterscheidet. Der legendäre Werber David Ogilvy sagte es kürzer: „Was das Produkt leistet – und für wen“

Und was das mit Rotary zu tun?
Ich lerne bei meinen Clubbesuchen, dass es kaum einen Club gibt, der nicht auf der Suche nach neuen Mitgliedern ist und sich dabei fragt, welchen Typus Mitglied er möchte. Und dann ist die Frage, ob diejenigen, die man ansprechen möchte, für eine Mitgliedschaft interessiert werden können. Der Interessent fragt: Wer seid ihr? Was erwartet ihr? Was habe ich davon? Die Antworten auf diese berechtigten Fragen können in einem gemeinsamen Nachdenken im Club über Positionierung geschärft werden. Dafür plädiere ich.

Schauen Sie mal bitte auf das Foto oben, das ich vor Jahren in Córdoba aufgenommen habe. In jener Straße gibt es in fast jedem Haus eine Pension. Alle werben damit, dass Englisch gesprochen wird und ein Parkplatz hinterm Haus zur Verfügung steht. Äußerlich also unterscheiden sich die Angebote nicht. Außer bei diesem hier:.
Wenn man sich das Foto genau anschaut, stellt man einen Unterschied zu den anderen Angeboten fest. Hier steht: „Wij spreken nederlands“. Was immer sich der Wirt dabei gedacht hat, brauchen wir bei Rotary eine solche zugespitzte Positionierung? Die Gegenfrage: Sind die Selbstbilder der Clubs alle gleich? Schließlich haben wir das gleiche Dach, nämlich Rotary International, und agieren hierzulande im gleichen kulturellen Kontext.

Irrtum! Zwei Beispiele:
Zwei Beispiele einer Selbstcharakteristik:
Beispiel 1: „Junger, dynamischer, sehr engagierter, hands-on Club mit kurzen Entscheidungswegen, der sich insbesondere lokal aber auch international schon durch interessante Projekte profiliert und differenziert hat.
Beispiel 2: „Bei uns findet man interessante Menschen, die die Gesellschaft mitgestalten und sich auf hohem Niveau begegnen. Unsere ausgeprägte Vortragskultur mit intellektuellem Anspruch ermöglicht Lernen und Austausch in vielen Bereichen. Wir wirken ohne Eitelkeit und im Stillen in sozialen Projekten.“
Niemand wird behaupten können, dass diese beiden Selbstbeschreibungen identisch sind. Aber macht nicht genau dies den Reiz von Rotary aus? Hohe Ansprüche, unterschiedlich interpretiert, das ist Diversität innerhalb von Rotary. Und wie viel Diversität hält ein Club in seinem Innenleben aus?

Mach aus zwei Volksweisheiten eine.
Fazit: Es schadet keinem Club, über sein Selbstbild nachzudenken, insbesondere, wenn dieses Nachdenken in einem breiten Diskurs innerhalb der Mitgliedschaft geschieht. Selbstbilder sind Beschreibungen der Realität und der Wünschbarkeit. Beides ist gleich wichtig. Wieviel Gleichheit soll sein, wieviel Unterschied? Wie schätzen Nicht-Rotarier den Club ein? Passt das Fremdbild zum Selbstbild? Zum Wunschbild?
Auch für Clubs auf der Suche nach Wunsch-Mitgliedern gelten zwei Volksweisheiten, die Bindungswillige immer wieder zu hören bekommen und die sich zu widersprechen scheinen: „Gleich und gleich gesellt sich gern.“ Und: „Unterschiede ziehen sich an.“ Im scheinbaren Widerspruch aber liegt die Weisheit.
Ich wünsche Ihnen und Euch über die Selbstbild-Bestimmung neuen Schwung bei der Mitgliedersuche.

Mit herzlichen Grüßen

Henning von Vieregge

Anmerkungen zum Welt-Polio-Tag, Rotarys Beitrag, Ende offen?

22 Okt
22. Oktober 2020

Blog 242, Oktober 2020
Guten Tag,
am Samstag ist der Welt Polio Tag. Dann wird wieder einmal ein Fazit gezogen. Es geht wieder um die Frage, wann die große Anstrengung, Kinderlähmung definitiv weltweit zu besiegen, erfolgreich sein wird. Man steht seit Jahren kurz davor. Nun ist von 2023 die Rede. Es ist fraglich, ob dieses Ziel erreicht werden kann.
Wir wissen, dass das Polioprojekt herausragend zur weltweiten Anerkennung von Rotary beiträgt. Als es gestartet wurde, war das Ziel, eine Geißel der Menschheit auszurotten, ein überaus kühnes Unterfangen. 1985 hatte Rotary International beschlossen, sich dieses Themas anzunehmen. 30 Jahre vorher hatte Jonas Salk erste erfolgreiche Impfungen durchgeführt. 1960 kam mit der Entwicklung der Schluckimpfung durch Albert Sabin, ebenfalls Amerikaner, ebenfalls Jude, ebenfalls aus Osteuropa stammend, endgültig der medizinische Durchbruch.
Das Projekt gewann 1988 mit der Gründung der Global Polio Eradication Initiative (GPEI), als sich die Weltgesundheitsorganisation, das Kinderhilfswerk und andere Organisationen der Initiative von Rotary anschlossen, endgültig an Durchschlagskraft, nochmals verstärkt in 2009, als die Bill und Melinda Gates Foundation einstieg.
Am Anfang gab es in 125 Ländern pro Jahr 350 Tausend neue Infektionen, heute ist nur noch die Bevölkerung in Teilen von Afghanistan und Pakistan von Kinderlähmung bedroht. Der optimistischen Aussage in einer Rotary Veröffentlichung, dass 2023 die Kinderlähmung nach den Pocken die zweite Krankheit sein wird, die vom Erdboden verschwunden ist, steht ein dreifacher Zweifel entgegen: Zum einen weiß man, dass auf einen erkannten Fall hunderte Virusträger ohne Symptome, die das Virus aber weitergeben können, kommen. Die Unterbrechung dieser Ansteckungsketten bleibt schwierig. Zweitens treten Mutationen des Lebend-Impfstoffs auf, der für Schluckimpfungen verwendet wird. Diese Mutationen können Polioinfektionen dort auslösen, wo das notwendige Impfniveau von 95 % der Bevölkerung nicht erreicht ist. Und drittens wissen wir nicht, welche Folgen die durch die Covid 19 bedingte Unterbrechung der Polioimpfungen haben wird.
Aus allem folgt: Der Kampf gegen Polio geht weiter.

Mit herzlichen Grüßen
Henning v. Vieregge

Sieben (unsortierte) Ergänzungen nach einer Konferenz zum Welt-Polio-Tag
Mir ist eben in der Konferenz über Polio deutlich geworden, dass wir neben den immer wieder genannten beteiligten Organisationen auch ruhig mal die Rolle von Deutschland nennen können, die mit jährlich 35 Millionen sich an der Kampagne beteiligen. Denn das bedeutet doch, dass Ministerien und Parlamente sich von der Sinnhaftigkeit dieser Aktion überzeugt haben. Zweitens geschieht die Polio-Kampagne  in  öffentlich-privater Partnerschaft, der ersten weltweit im Gesundheitssystem und Vorbild für weitere Kampagnen. Und drittens sollten wir, um uns und anderen ein Gefühl für die Komplexität der Aufgabe zu vermitteln,  uns das Argument zu eigen machen, dass es in der Perspektive darauf ankommt, aus einer Krankheitsbekämpfung zu einer Gesundheitsstärkung im jeweiligen Land zu kommen und die Länder viertens in die Lage zu versetzen, diesen Weg aus eigener Kraft weiter zu gehen.Fünftens habe ich gelernt, dass im Problemland Afghanistan die Taliban, die ja mittlerweile die Hälfte des Landes besetzen, keine prinzipiellen Gegner der Impfung sind; sie waren , als sie die Herrschaft im ganzen Land hatten, schon Unterstützer oder mindestens Dulder. Erleichtert würde in Pakistan und Afghanistan , wie eine Teilnehmerin aus Pakistan berichtete, die Akzeptanz, wenn der Impfstoff im Land produziert würde. Und schließlich siebtens laufen die deutschen rotarischen Spendengelder nicht in einen großen weltweiten Topf, sondern über RDG Düsseldorf in ausgewählte und somit überprüfbare Regionen und Projekte direkt. Ich werde anregen, dass der letzte Punkt vom Rotary Magazin aufgegriffen wird und wir dazu Genaueres lesen.

Einige Bemerkungen zu 30 Jahren Wiedervereinigung

03 Okt
3. Oktober 2020

Blog 241, Oktober 2020

Guten Tag,
vor 30 Jahren geschah die Wiedervereinigung. Ich bin sehr froh über unsere rotarische Heimataktion „Thüringen trifft Hessen“. Trotz pandemischer Behinderung finden eine Reihe von Veranstaltungen von Club zu Club statt. Der Blick geht also mal wieder dahin, wo er in der Schlussphase der DDR und in den ersten Jahren der Wiedervereinigung immer wieder hinging: von Hessen nach Thüringen. Hessen hat geholfen, auf allen Ebenen. Damals haben sich Freundschaften entwickelt. Karola, die mit ihrer Familie aus Gotha -über die Frankfurter Bettenbörse vermittelt- an einem der ersten freien Wochenenden zu uns kam, und ich haben den Kontakt seitdem nicht abreißen lassen. Aber klar ist auch: Solche Beziehungen brauchen Investment an Zeit und gutem Willen. Auch Neuanfänge wären wichtig. Das gilt für alle persönlichen Beziehungen, aber auch für Partnerschaften von Städten und Organisationen

Heute wird in Reden und auch in Bürgerstatements in den Medien aus Anlass des Jubiläums betont, die ostdeutsche Befindlichkeit sei nicht hinreichend gewürdigt worden. Damals, als sich die Chance der Wiedervereinigung abzeichnete („Wir sind das Volk“ wurde zu „Wir sind ein Volk“) hatten nur Privilegien-Besitzer aus der DDR-Elite zu klagen. Auch diejenigen aus der Bürgerbewegung der DDR, die zusammen mit weiten Teilen der Sozialdemokratie im Westen gern eine andere Form der Wiedervereinigung gehabt hätten, beispielsweise über die Diskussion einer gemeinsamen Verfassung, haben damals ihre Wünsche zurückgestellt.

Nicht nur Volkes Wille ging vor, sondern auch die Angst, Gorbatschow könnte kippen und die unumgängliche Freigabe des Wiedervereinigungsprozesses durch die Sowjetunion damit auch, trieb zur Eile an. Es stimmt schon, die Transformation von der sozialistischen Planwirtschaft in eine soziale Marktwirtschaft forderte von den ostdeutschen nunmehr Mit-Bürgern, eine über vier Jahrzehnte andauernde Veränderung im Westen nun in wenigen Jahren nachvollziehen zu müssen. Und dies bei existenziellen Unsicherheiten in jeder Familie.

Heute ist schwer zu entscheiden, was an geäußerter Unzufriedenheit real gefühlt und was funktional ist. Wer nicht jammert, wird auch nicht berücksichtigt, so ist das im Wettbewerb der Interessen. Dabei kann es allzu leicht geschehen, dass sich die persönliche Befindlichkeit von der vermuteten gesellschaftlichen Befindlichkeit deutlich unterscheidet. Um es schlicht zu sagen: Mir geht es gut, aber wenn alle sagen, den anderen geht es nicht so gut, dann muss es wohl stimmen.
Es stimmt aber nicht. Wenn beispielsweise über ungleiche Einkommensverhältnisse geklagt wird, so ist dies so lange nicht überzeugend, solange nicht die Betrachtung der Ausgabenseite mit einbezogen wird. Aber was heißt funktional? Es gibt Jammer -Nutznießer, zu denen nicht nur Parteien und Interessenverbände, sondern auch die Medien gehören, weil sie von derr Abweichung profitieren, nicht von der Normalität.

Das alles bedeutet aber nicht, dass es nicht Gründe zur Unzufriedenheit gibt. Aber was ist entscheidender als Grund der Unzufriedenheit, der Ost-West oder der Land-Stadt Gegensatz? Wenn es stimmt, dass auf der politischen Agenda die Stadt dominiert, dann lassen sich wohl mehr Übereinstimmungen zwischen Ost und West feststellen, beispielsweise aus Sicht von Bürgermeistern von Überalterung und Abwanderung geplagter Kleinstädte und Dörfer abseits des Magnetismus von Großstädten.

Was als Frage bleibt, ist die nach der unterschiedlich ausgeprägten Anfälligkeit in der Bevölkerung für autoritäre Orientierungsangebote: „Mehr Führung, weniger Freiheit und das ist gut so“. Freiheit zwingt dazu, zwischen Optionen zu wählen. Wahrscheinlich muss man das trainieren und ein halbes Jahrhundert Abtrainierung zeitigt Folgen.

Mit herzlichen Grüßen
Henning v. Vieregge

Das Urlaubsewige und das Besondere am Beispiel von Langeoog und noch mehr Epistula von Reto

05 Sep
5. September 2020

Blog 240/ 5. September 2020
Guten Tag,

gerade schaue ich mir gegen Ende eines kurzen aber schönen Urlaubs die Fotos an. Es gibt drei Gruppen von Urlaubsfotos.
Die vermutlich größte Gruppe sind Motive, ob nun See oder Berge, die mit Erfindung der Fotografie aktuell waren und es auch nach uns bleiben werden, so lange Menschen auf der Erde leben und urlauben: Sonnenuntergänge und Pflanzen z.B.Wir sind jedes Mal überwältigt von der Schönheit und reagieren mit dem Wunsch, das Motiv irgendwie festzuhalten. Wer keine Kamera oder kein Smartphone dabei hat, äußert sein heftiges Bedauern. Nur wenige entziehen sich bewusst diesem Reflex und pochen darauf, das urlaubsewig Schöne im persönlichen Bildgedächtnis zu speichern.

Und dann gibt es Motive, die für einen gewissen Zeitraum gelten. „Guck mal, damals war das Peterle aus dem Sand nicht herauszubekommen“ oder „Mein Gott, war unser Hund damals noch fit.“ Und dann beginnt die Diskussion, ob dies im Jahr X oder Y war, jedenfalls bei der Urlaubsgruppe, deren Vergnügen darin besteht, den gleichen Ort im Jahresabstand zu bereisen.

Das dritte Motivcluster ist jahresaktuell. Es ist, lässt man Familien- und Freundesabbildungen außen vor, die kleinste Gruppe, hier vertreten mit einem Warnschild, das eine holländische Expertengruppe aufgestellt hat, die aufwändig Sand an eine Stelle der Insel schafft, um weiteren Küstenabbruch zu verhindern. Warum bei der Warnschildherstellung niemand, der die deutschen Sprache beherrscht, gegengelesen hat, ist rätselhaft. Im nächsten Jahr sind di Aktion und das Schild Geschichte.

Apropos jahresaktuell: Der Schweizer Reto F. produziert aktuell seine Textsammlungen in einem ruhigen, aber stetig sprudelndem Fluß, so dass ich das Vergnügen habe, weitere Reos hier platzieren zu können.
Epistula 17

Epistula 16

Epistula 15

Epistula 19
Epistula 18

Mit herzlichen Grüßen
Henning v. Vieregge

Lothar Leonhard, „Arbeit geht durch Arbeit weg“

22 Aug
22. August 2020

Blog 239 /August 2020

Guten Tag,
Lothar Leonhard ist gestorben. Er, langjähriger Chairman von Ogilvy, war Präsident vom Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA von 1996 bis 2002 und von 2011 bis 2013. Die ersten sechs Jahre seiner Dienstzeit war ich Geschäftsführer.
Auf Bitte eines Mediums der Branche habe ich einige persönliche Bemerkungen aufgeschrieben.
Mit besten Grüßen
Henning v. Vieregge

Als Agenturchef kannte ich Lothar Leonhard nur von den Besuchen in der Agentur. Das schöne Ogilvyrot, gemütliche Ledersessel, der weite Blick von Sachsenhausen auf Frankfurt Mitte zu: ich war gerne dort. Eine Aufforderung zur Plauderei über Wetter und Familie kam nicht. So redeten wir über Verbandsthemen nach vorbereiteter Agenda. Am Ende brachte mich der Agenturchef nicht lediglich zum Aufzug, sondern er fuhr mit mir herunter und verabschiedete mich an der Eingangstür. Diese Höflichkeit wurde mir zum Vorbild. Ein Satz von Leonard, nein eigentlich zwei, begleiten mein Leben. Der eine heißt: „Arbeit geht durch Arbeit weg.“ Ein scheinbar banaler Satz, aber so viel Wahrheit über diesen Mann, der sich vom Lehrling zum Chef hochgearbeitet hat und der es schaffte, über so viele Jahre seinen Sessel zu verteidigen. Gegen oben und gegen unten. Der bei Konflikten lieber telefonierte als schrieb. Der fragte, aber deine Meinung nicht kommentierte. Man wusste bei ihm nicht, was er verwenden würde und was nicht. Sein Understatement war sein Schutzpanzer. Gewann er einen Effie oder einen Etat, sagte er Sätze wie „Was man gewinnt, geht auch verloren.“ Verlor er, zeigte er keine Regung.
Unsere Beziehung war am Schluss zerrüttet. Ich habe nie erfahren, warum eigentlich. Eines Tages kam er in das Büro, da war er kein Präsident mehr und noch nicht wieder, und eröffnete mir, meine Zeit beim GWA sei vorbei, dafür werde er nun sorgen. Ich war enttäuscht, verblüfft und beeindruckt. Zu manchen früheren Vorständen hat sich hernach eine freundliche Beziehung, die immer mal wieder aktivierbar ist, entwickelt, zu Leonhard nicht. Seine Mischung aus Höflichkeit und Distanz ließ dies offenbar nicht zu.
Der zweite lebensbegleitende Satz lautet: „Penetrieren ja, penetrant nein.“ Darin steckte sein Erfolgsrezept, seine Präsenz in der Agentur, im Verband und in der Branche. Er tat gern, als sei seine Anwesenheit eher Zufall. Die Leichtigkeit, die Lothar Leonhard ausstrahlte, war gespielt und kostete ihn Kraft, davon bin ich überzeugt. Vielleicht am emotionalsten habe ich ihn erlebt, als er von einem Düsseldorfer Inhaber einer renommierten Agentur erzählte, den er beobachtet habe, wie der auf offener Straße einen Kunden beschimpft habe, weil dieser partout nicht so wollte, wie jener es sich vorstellte.“ Beneidenswert, das würde ich auch gerne mal tun“, schloss Leonard seine Geschichte. Nach meinem Wissen ist er immer höflich geblieben.

© Copyright - Henning von Vieregge