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Der Robin Hood des Abfalls und die fortgesetzte Mainzer Stadtverwaltungsdickbramsigkeit

01 Dez
1. Dezember 2013

Brief Nr. 56/2013  aus Dezember 2013

Guten Tag,

Der nachfolgende Text erschien als Leserbrief  unter der Überschrift „Schweigen im Wald“ in der Mainzer Allgemeinen Zeitung am 27. November 2013 und hatte ein Nachspiel, über das ich in P.S. berichte. 

Der mittlerweile zu Recht bekannte Robin Hood des Abfalls, Rainer Schäfer, ein Hartz Vierer mit der Einzelkämpfervision eines Müllsammlers aus freier Entscheidung, wurde bei seinem ersten Auftreten im Juni von der Abfall-Verwaltung dafür öffentlich abgewatscht („Illegal, macht Mehrarbeit“)  (Allgemeine Zeitung Mainz 11.9. 2013)

Hat die  Stadtspitze den Mann, als Namen und nähere Umstände des nicht bestellten Wohltäters bekannt wurden, eingeladen und sich bedankt? Haben die verantwortlichen Politiker  von ihrer Verwaltung einen anderen Ton  im Umgang mit engagierten Bürgern eingefordert? Hat sich die Verwaltung bei Schäfer gemeldet? Schäfer: „Von der Stadtverwaltung hat sich noch niemand getraut, mit mir Kontakt aufzunehmen. Es fehlt anscheinend die entsprechende Verwaltungsvorschrift.“ Die Gelegenheit hätte es gegeben, als Schäfer jetzt mal wieder nach Mainz kam, um nach dem Rechten zu schauen und weiter zu sammeln.

Aber weiter  gewissermaßen Schweigen im aufgeräumten Wald  bei Oberbürgermeister (rot), Bürgermeister (grün) und Dezernentin (grün). Anders das gemeine Volk: es applaudierte dem braven Mann in Leserbriefen und zuletzt auch bei persönlichen Begegnungen („Hupkonzert“).

Und in der Sache? Schäfer:  „Als ich nun nach zwei Monaten wieder nach Mainz kam und feststellen musste, dass die von mir über das Internet gemeldeten gefährlichen Sonderabfälle immer noch vorhanden waren, machte mich das zornig. Vor allem weil der Leiter des Entsorgungsbetriebs sich persönlich darum kümmerte.“ Kümmern wollte, muss man wohl sagen.

Was lässt sich tun gegen diesen neuen Triumph von Mainzer Politik-und Verwaltungsdickbramsigkeit?

Mit besten Grüßen

Henning v. Vieregge

 

P.S. Anruf des Leiters des Mainzer Entsorgungsbetriebs, Hermann Winkel: Im Leserbrief ständen Unwahrheiten. Erstens habe man sehr wohl sich um die Beseitigung des von Schäfer gemeldeten Sondermülls gekümmert. Er hätte auf dem Grundstück einer muslimischen Gemeinde gelegen und die hätte hoch und heilig versprochen, ihn umgehend zu entsorgen. Darauf ich: Stimmt Schäfers Aussage, dass der Sondermüll acht Wochen nach der Meldung dort immer noch gelegen habe ?  Winkel: Ja. Man habe sich auf das Wort der Gemeinde verlassen. Darauf ich: Dann ist also Schäfers Aussage richtig? Winkel: Man habe aber gleich nach Schäfers Protest reagiert und den Sondermüll selber entsorgt, obwohl dies eigentlich Sache des Grundstückinhabers gewesen sei. 

Zweitens Winkel: Außerdem stimme es nicht, dass es keinen Kontakt zu Schäfer gäbe. Ich will wissen, welcher Art. Winkel: Per Mail und persönlich. Ich: Ach. Sie haben ihn eingeladen und ihm gedankt? Winkel verneint die Frage. Man habe ihn gemailt und ihn „draußen“ kontaktiert. Ich frage Schäfer, der mir den Mailkontakt mit dem Amt überlässt und unterstreicht, eine persönliche Begegnung habe es bisher nicht gegeben. Allerdings sei er per Mail aufgefordert worden, seinen Lebenslauf einzureichen, nachdem er presseöffentlich sein Interesse an bezahlter Müllentsorgungsarbeit bekundet hatte. Auch Winkel berichtet davon. Wieso Schäfer, wenn ein ernsthaftes Interesse an ihm besteht, nicht gleich zu einem persönlichen Kennenlernen eingeladen worden ist, fragt man sich.

Winkel, drittens: Die Stadt habe den Schäfer sehr wohl gelobt. Er liest mir einen Satz der Pressesprecherin vor, der sinngemäß heißt, prinzipiell sei Schäfers Einsatz lobenswert. Ich frage, ob meine Feststellung, die Stadtspitze habe nicht reagiert, damit falsch sei? Winkel  weist darauf hin , dass dies nicht seine Zuständigkeit sei.

Ihm liegt viertens daran, richtig zu stellen, dass die Feststellung Schäfers, der „Leiter des Entsorgungsbetriebs“ habe zugesagt, sich um den Sondermüll zu kümmern, falsch sei. Zugesagt habe dies sein Abteilungsleiter Strack. Strack ist in der Tat der Mailkontakt Schäfers.  Dies ist also eine Ungenauigkeit im Leserbrief, die ich hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebe: Strack ist’s, nicht Winkel; der Vorgesetzte verweist auf die Verantwortlichkeit seines Untergebenen. 

 

Was Werbung kann, darf und (nicht) bewirkt /Interview Volker Nickel,ZAW

21 Nov
21. November 2013

Brief 55/2013 vom November 2013

Guten Tag,

angekündigt hatte ich  das Interview im aktuellen VerbändeReport mit dem langjährigen Sprecher des ZAW und Geschäftsführer des Deutschen Werberats, Volker Nickel und ein Foto von uns beiden dazu gestellt. Die Farbigkeit der beiden Schlipse ist sicher aufgefallen. Nun ist unser Interview erschienen. Es ist ein echter Nickel-Text geworden: informativ und streitlustig, detailreich und philosophisch. Nickel hat in seiner Position über Jahrzehnte Raum gehabt, von dem normale Öffentlichkeitsarbeiter in Verbänden nur träumen. Er hat ihn aber auch ausgefüllt.  Wir steigen übrigens ein mit einer Meinungsverschiedenheit. Es geht  um ein Motiv zur Engagementwerbung Jüngerer aus dem diesjährigen ZMG Wettbewerb.

eierlikör

Dabei  machte  Nickel klar, dass man sich über gesellschaftpolitische Werbung zwar aufregen kann (zum Beispiel über Wahlwerbung) wie über jede Werbung, es aber für diese Form der Werbung keine Instanz gibt, die über eine Beschwerde befindet. Anders der Werberat zur Wirtschaftswerbung. Hier funktioniert die Selbstkontrolle.
Was Werbung kann, darf, nicht darf, bewirkt und nicht bewirkt, lesen Sie im großen Abschiedsinterview mit einem der profiliertesten Kenner der professionellen Kommunikation.
Nickel Interview

Mit besten Grüßen

Henning v. Vieregge

P.S. Der Landesseniorenrat (LSBB) und die Landesseniorenvertretung (LSV) Berlin schrieb einen Protestbrief gegen das Eierlikör-Motiv. Namens der Aktion Gemeinsinn bot ich daraufhin eine öffentliche Diskussion über Altersbilder am Beispiel dieses Motivs an, regte dazu an, auch die jungen Kreativen, die diese Anzeige eingereicht haben, einzuladen. Antwort in der Übersetzung aus kompliziertestem Beamten-Deutsch( i.A. Annett Gasche) : Och nö. Ich fragte ungläubig nach. Zweite Antwort: Wir sollten als bundesweite Organisation doch uns bitteschön an die bundesweite Pendant-Organisation wenden. (Die aber gar nicht protestiert hat). Das ist political correctness Attitüde ohne Zivilcourage, ein blamables Stück von Betroffenheitsvertretung. Dabei hatten wir ausdrücklich gesagt, wir behaupten nicht, dass wir recht haben, wir glauben aber, dass die Diskussion allen hilft. Womit wir irrten: Rechthaberei liebt keinen Diskurs.

Der Robin Hood des Abfalls und die Mainzer Stadtspitze oder: Es geht doch auch vorbildlich. Wie Tübingen über bürgerschaftliches Engagement kommuniziert

09 Nov
9. November 2013

rainer_schaefer

Brief 54/2013

Guten Tag,

ich gebe zu, die Gefahr besteht, dass man dem eigenen Umfeld zu kritisch gegenübersteht und Dritten zu unkritisch. Hier in Mainz erlebe ich bei einem rotgrünen Bündnis durchweg Enttäuschendes zu Bürgerengagement und Bürgerbeteiligung. Dabei wurde im Wahlkampf viel versprochen.  Da redete der SPD-Kandidat mit Emphase von der Wichtigkeit von Bürgerbeteiligung, jetzt als Oberbürgermeister vermuschelt er aufkommende Forderungen (Totalrenovierung oder Neubau Rathaus ?, Einkaufsklotz in der Innenstadt oder nicht?) und stößt nichts selber an. Der damalige Grünen-Kandidat prägte den geradezu aufrührerischen Slogan „Bürger, holt Euch Eure Stadt zurück!“. Als Stellvertreter des Oberbürgermeisters mit einer  Parteifreundin  als Gründezernentin.  wird gezeigt, wie der Spruch eigentlich gemeint war : „Bürger, holt Euch unsere Arbeit und macht sie so, wie wir wollen.“

Wenn Bürger beispielsweise  Grünanlagenpflege von der Stadt übernehmen sollen, freiwillig natürlich, sollen sie sich dabei bitteschön nach den Vorgaben des Grünamtes richten. Immerhin wird Freiwilligen, die schon länger Grünes pflegen, Straffreiheit zugesagt. Schließlich war solches Engagement bis eben verboten. Die Brunnen wurden im Juni letzten Jahres ohne jede Vorankündigung abgestellt und die Bürger aufgefordert, per Spende für Wasser marsch zu sorgen. Als vor wenigen Wochen ein Robin Hood des Abfalls , wie ihn die Lokalzeitung betitelte, auftauchte, der an den Straßenrändern Unrat sammelte, in rosa Säcke verpackte und abstellte, wurde er, der zunächst anonyme Wohltäter, von einem zuständigen Abfaller der Stadt über die Presse belehrt, dass sein Tun illegal sei und zudem Mehrarbeit produziere. 243 Säcke in zwei oder drei Tagen, eine Zumutung.  Die Lokalzeitung stellte ihn, den Unbekannten, einen Tag später dann als Rainer Schäfer vor, einen Hartz-Vierer mit Sendungsbewusstsein und Tatendrang, und Leser schrieben begeisterte Briefe. Weder der rote noch der grüne Bürgermeister noch die zuständige grüne Dezernentin mochten sich den Lesern anschließen. Sie stellten ihre nöhlende Verwaltung nicht in den Senkel. Sie bedankten sich nicht bei Rainer Schäfer, der noch eine halbe Woche weiter sammelte. und auf über 600 Säcke kam. Sie schwiegen unisono: Der Oberbürgermeister, die Bürgermeister, die zuständige Dezernentin, die sich  sonst jeden Tag gern mehrmals in der Zeitung finden. Die Mainzer Verwaltung forderte Robin Hood zur Kooperation auf, aber der erklärte, mit Bürokratie habe er es nicht so gern. Und verschwand nach einer Woche wieder Richtung Heimat.  Mehr Einsatz konnte er sich finanziell nicht leisten. Er lebte auf dem Campingplatz und ernährte sich von Konserven. Mainz, das sich Fasnacht für Fasnacht durch alle Sitzungen ob seiner Weltoffenheit und Fremdenzugewandtheit lobt, blieb an der Stadtspitze stumm, verärgert und zugeknöpft.

Geht es auch anders?  Der grüne OB Boris Palmer und seine Verwaltung zeigen in Tübingen, wie man es besser macht; die Verwaltungskommunikation pro Bürgerengagement in dieser Stadt ist vorbildlich. Man schaue sich nur an, wie respektvoll und umsichtig Bürger in die Grünpflege einbezogen werden, wenn sie es denn wollen. Boris Palmer hätte einen Rainer Schäfer als das behandelt, was er ist: als einen vorbildlichen Bürger in seinem zupackenden Eigensinn.  http://www.tuebingen.de/buergerengagement

Mit herzlichen Grüßen

Henning v. Vieregge

Bischof, Mönch und Bücher/ Interview Skipis

22 Okt
22. Oktober 2013

Brief Nr. 53/2013 vom Oktober/November (korr. und erweitert)

Guten Tag,

wenn man heute in der Überschrift „Bischof“ schreibt, dann denkt die Mehrzahl der Deutschen vermutlich an den Bischof von Limburg. Und es wird allenthalben das Dilemma des Papstes diskutiert, sich zwischen neuer Armutsausrichtung und alter Sündervergebung entscheiden zu müssen. Bedacht werden muss dabei, was ein Staatsanwalt im Zusammenhang mit einer kriminellen Tat in der Rhein-Main-Presse prägnant so formulierte „Das ist nicht der Letzte. Es gibt Trittbrettfahrer, die auf der Masche reiten.“ (AZ, 15.8.2013, S.8)  Das Foto, vor einem Jahr in Nürnberg aufgenommen, passt zum Thema. Wie? Das überlasse ich dem geneigten Leser.

Ist dies Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst  beim Geldsammeln

Was die angebliche oder tatsächliche Residenz angeht, da können sich Politiker und Häuslebauer  jede Häme verkneifen; sie kennen das Problem der hemmungslosen Kostenüberziehung zumeist aus eigener Anschauung.  Der Berliner Flughafen kostet jeden Monat seiner durch politische Inkompetenz verursachte Eröffnungsverzögerung so viel wie der Limburger Neubau. Dass sich die Medien mit ganz wenigen Ausnahmen nicht mit der Sache, die da entstanden ist, beschäftigen, ist aus der Medienlogik heraus verständlich. Nichts soll den Skandal verkleinern. Differenzierung lenkt von der Empörung ab. Es sind Leserbriefe, die zunehmend einer weniger aufgeregten Betrachtung das Wort reden und die darauf verweisen, dass mal wieder etwas Kostbares entstanden ist. Geht das etwa nur auf skandalösen Wegen? Diese Frage wäre doch einer Erörterung wert.

FAZ Architekturkritiker Dieter Bartetzko spricht über das Diözesane Zentrum St. Nikolaus( so der offizielle Name) von einem Bauensemble  von „hoher Qualität“ und „spektakulärer Architektur“ des Architekten Michael Frielinghaus. (FAZ 15.Okt. 2013 S.31) Zur Kapelle heißt es: „“Der Sakralbau hätte auch ohne den Finanzskandal Aufsehen erregt.“ Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen,  dass sich die Erkenntnis durchsetzen wird, dass in diesem Fall viel Geld viel Qualität gebracht hat. Das lässt sich nun nicht von jeder Verschwendung sagen. Ist es dann überhaupt Verschwendung?

So empfiehlt sich eine Unterscheidung zwischen Person und Bau. Für die Person Franz-Peter Tebartz-van Elst muss wohl gelten, was Johannes zu Eltz, Stadtdekan von Frankfurt, in einem Interview mit der ZEIT (Nr.44 vom 24.10. 2013 S.64) zu Protokoll gibt: Demnach gibt es „ein identitäres Amtsverständnis, das die Erhabenheit der eigenen Amtsperson ins Irrwitze steigert. Von dort führt kein Weg mehr in die Realität zurück….Die Not einer narzistischen Grundstörung läßt sich traumhaft befriedigen im Bischofsamt, noch besser als in einem Dax-Vorstand, weil ein religöses Moment der Verehrung hinzukommt.“ Eltz fordert  eine Änderung der Wahlverfahren. In Limburg war es so, dass das Domkapitel einen Vorschlag mit drei Namen nach Rom schickte. Rom schickt einen Dreiervorschlag zurück. Darauf können dann ganz andere Namen stehen. Eltz, ein bekannt konservativer Kirchenmann, zieht aus seinen Limburger Erfahrungen einen noch weitergehenden Schluss: „Ich glaube, wir kommen aus dieser Krise nicht heraus, wenn nicht auch Verheiratete das Priesteramt ausüben.“

Alexander Skipis ist Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels,  der verantwortlichen Organisation für die gerade zu Ende gegangene Frankfurter Buchmesse. Wie sieht er das Buch heute und in Zukunft und was kann der Verband tun?  Das Interview erschien im Verbändereport Nr.7/2013

In der kommenden Ausgabe Nr. 8 oder an dieser Stelle können Sie übrigens das große Interview mit Volker Nickel, ZAW, lesen. Wir beginnen mit einer Streitsache. Er findet eine Anzeige anstößig, ich gelungen. Hier schon mal ein Foto, aufgenommen bei Nickels (rechts im Bild) Verabschiedung.

Nickel_Vieregge_06092013

 

Mit herbstlichen Grüßen

Henning v. Vieregge

 

Karriere in Verbänden beginnen? Oder in der FDP anfangen? Sich in der Kirche engagieren? Und was ist mit der Aktion Gemeinsinn? Und wer oder was ist Sequa? Fünf Themen, die mich beschäftigen

24 Sep
24. September 2013

Brief Nr. 52/2013 vom September/Oktober  2013 (zweimal erweitert)

Guten Tag,

der Auftrag lautete: „Schreiben Sie mal auf, was einen Geschäftsführer eines Verbandes auszeichnen sollte. Im aktuellen Verbändereport 06/2013 habe ich in meinem (fiktiven) Brief an Patentochter Caroline aufgeschrieben, was mir dazu einfiel. Der Text ist beigefügt. Mich würde auch hier ein Echo freuen. HGF Brief Verbändereport

Ein zweites Thema: Die fatale Lage der FDP löst viel Häme aus. Ich fand in Schwerin, also mitten im Soli-Osten, Brüderles Wahlaussage neben Bartsch von der Linken.

FDP wirbt gegen den Soli in Schwerin

So ein Plakat heißt im Klartext bei der Zielgruppe: Es gibt nicht nur keinen Grund , FDP zu wählen. Es gibt sogar den massiven Wunsch, denen jeden Misserfolg an den Hals zu wünschen.

Ich tue das nicht. Wenn die FDP sich darauf besinnen würde, dass ihr der linke Flügel im Protest gegen Genschers Schwenk weg von der SPD abhanden gekommen ist und dies ein Verlust ist, den es nun wettzumachen gilt, wäre dies für mich ein Grund , wieder in die Partei einzutreten. Die FDP war die Partei der Bürgerinitiativen, das haben viele vergessen, auch sie.Marktwirtschaft und Bürgerengagement schließen sich nicht aus, im Gegenteil. Es gibt keine Partei, die sich für einen Demokratieumbau nach Schweizer Vorbild stark macht. nicht 1:1, aber im Prinzip. Es gibt 23 Millionen Bürger, die sich freiwillig und kostenlos für das Gemeinwohl einsetzen. Es gibt keine Partei, die sich für die Interessen dieser Bürger unbeirrt und advokatorisch einsetzt. Die FDP könnte diese Partei sein. Mit Kasperei und Klientelbedienung von Wirtschaftsgruppen ist der Wähler nicht zu gewinnen, wohl aber mit klarer Ausrichtung auf die Zivilgesellschaft im Dialog mit Staat und Wirtschaft auf Augenhöhe.

Thema 3: Am Beispiel der Kirche lässt sich fragen, ob Freiwilligen-Engagement die Institution verändert und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen.

In der evangelischen und katholischen Kirche und in den Wohlfahrtsorganisationen beider, Diakonie und Caritas, steht das Thema „Ehrenamt“ oben auf der Agenda. Gesucht werden in Zeiten von mehr Aufgaben und weniger hauptamtlichen Ressourcen mehr Bürger, die sich unter dem Dach von Kirchengemeinden und Wohlfahrtsverbänden engagieren.  Wie realistisch sind solche Absichten? Und was sind die Folgen? Darum geht es in einer Vortrags-und Diskussionsreihe von sieben Veranstaltungen. Start ist Dienstag, 15. Oktober 17.30 Uhr im Gastprofessorenhaus der Universität. Mehr Infos unter zww.uni-mainz.de Stichwort „Werkstatt“ Anmeldung www.zww.uni-mainz.de oder T. 06131 3922 133

Referenten sind Andreas Klodt, Dekan ev. Kirche Mainz, (15.10),  Birger Hartnuß, Leitstelle Ehrenamt und Bürgerbeteiligung Rheinland-Pfalz, (29. 10.)  Anke Wiedekind, Pastorin Andreasgemeinde Niederhöchstadt, Antonia von Vieregge, Theologiestudentin (19.11), Lioba Breu-Wedel, Caritas (26.11.), Timo Becker, Leiter des Theaters der Generationen, Eschborn (10.12.), Bernhard Nacke , Engagementbeauftragter Rheinland-Pfalz (21.1.). 

Die Veranstaltung findet als 5. Offene Werkstatt „Universität und Gesellschaft“, veranstaltet vom Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung der Johannes Gutenberg-Universität statt. Es gibt keine Voraussetzungen zur Teilnahme. Die Teilnahme ist kostenfrei. Die Plätze sind begrenzt, deswegen wird um Anmeldung gebeten.

Thema 4: Aktion Gemeinsinn. Ich bin seit ca. einem Jahr einer der beiden Vorsitzenden dieser kleinen, aber überaus ehrenwerten und langlebigen Bürgerinitiative. Ihr Ziel: Gemeinsinn fördern mit den Mitteln der klassischen Kommunikation. Seit über 55 Jahren geschieht dies, nahezu 50 Kampagnen wurden festgelegt, pro bono durch Werbeagenturen entwickelt und pro bono in Zeitungen geschaltet. Mehr dazu unter www.aktiongemeinsinn.de, Hat diese Form der Kommunikation Zukunft? Man kann das bezweifeln. Wir suchen nach Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Gemeinsinn als Haltung ist Voraussetzung jeden gesellschaftsförderlichen Bürgerengagements und deswegen in Zeiten des demografischen Wandels, in der staatlichen Instanzen an die wohlfahrtsstaatlichen Leistungsgrenzen gekommen sind, wichtiger denn je. Lesen sie mehr

http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/bonn/Die-gesellschaftspolitische-Aktion-Gemeinsinn-stellt-sich-selbst-infrage-article1145945.html

Thema 5: Wollen Sie wissen, warum was die Organisation Sequa macht? Sie sollten es wissen,wenn Sie für Kammern oder Verbände tätig sind. Ich habe den Geschäftsführer für den Verbändereport interviewt.

Interview Weiss Sequa

Werkstattfinal

 

Mit besten Grüßen

Henning von Vieregge

 

Bürger, nehmt unseren Politikern die Angst vor den Lobbyisten des Öffentlichen Dienstes!

10 Sep
10. September 2013

Brief 51 vom 10. September 2013

Guten Tag allerseits,

Warum Peer Steinbrück doch lieber Bürger- als Beamtenschreck ist. Und wie Angela Merkel kalt die Chance zu heißer Empathie nutzte. Und warum das anders werden muß.
Eine Notiz mit Aufruf-Charakter zum TV-Duell zur Bundestagswahl 2013

Peer Steinbrück sprach im Duell mit der Kanzlerin am 1. September  in einem Moment der Unkonzentriertheit davon, es dürfe keine Schere zwischen Pensionen und Renten entstehen. Und schon wurde von der einen Journalistin losgewillt, was das denn bitteschön heiße?! Um wie viel Prozent sollten die Pensionen denn gekürzt werden? Das sei ja eine Sensation, diese Aussage von Herrn Steinbrück. Kunstaufregungen, Skandalisierungsbemühungen also. Kontrahentin Angela Merkel nutzte kalt ihre Chance, heiße Empathie zu zeigen, und barmte über den Schutzmann und seine kleine Rente, die die SPD ihm nicht gönne. Da solle er aber und der Feuerwehrmann auch bei der SPD nachfragen. Hätten sie doch ein Leben lang ihre Dienstbuckel hingehalten. Und müssten Steuern zahlen und die anderen nicht. (ein Irrtum der Kanzlerin, dem der Herausforderer nicht widersprach)

Der Beamtenbund verwahrte sich am nächsten Tag vor Debatten dieser Art und bemühte sich vorzurechnen, es gäbe keinen nennenswert größeren Zuwachs der Pensionen im Vergleich zu den Renten. Darüber streiten sich die Beobachter und heben die Unvergleichbarkeit der Systeme hervor; Intransparenz erschwert in der Tat die Argumentation. Wer den Abstand nach Geld und Sicherheit zwischen Renten- und Pensionsbeziehern auf den Prüfstand legt, -und dies ist das eigentliche Thema, die Zuwächse sind dagegen Petitessen, wird sich immer wieder vorwerfen lassen müssen, man dürfe nicht pauschalieren. Aber wenn man nicht aus dem Wust von Zahlen und Fakten einige grundsätzliche Aussagen destilliert,  wird, und dies gehört zum Waffenarsenal der Standes-Organisationen, jede Debatte im Ansatz erstickt.

Gehen wir von folgenden im Netz kursierenden Aussagen aus

  • Einem Beamtenhaushalt steht doppelt so viel Vermögen wie einem Nichtbeamtenhaushalt zur Verfügung.
  • Die Durchschnittsrente 2013 liegt bei 1176 € . Die Pension eines, um nur zwei Beispiele aus den unteren Beamtenrängen zu nennen, Polizeiobermeisters beträgt 2114 €,  eines  Oberamtsrats 3483 €. Ein Staatssekretär a.D. konnte sich allein in diesem Jahr über einen Pensionszuwachs von 491 € freuen.
  • Ein Beamter wird dank Beihilfe als Privatpatient behandelt .
  • Die Berechnungsgrundlage bei Pensionen liegt bei max. 71,75 Prozent des letzten Einkommens (nach 40 Dienstjahren), bei der  BfG Rente  nach 45 Berufsjahren (der quasi nicht existente Eck-Rentner) bei 53 Prozent (netto vor Steuern) liegt.
  • Im ersten Fall wird das letzte Gehalt, im zweiten der Durchschnittsverdienst  der Berechnung zugrunde gelegt.
  • Beamte sind bei Berufsunfähigkeit abgesichert, andere Arbeitnehmer nicht.
  • Betriebsrenten stehen längst nicht allen anderen Arbeitnehmer zur Verfügung (Tendenz rückläufig) und sindin aller Regel Festbeträge, anders als die Ruhestandsgehälter im Öffentlichen Dienst, die selbstverständlich wachsen und alle erhalten.
  • Und anders als  BfG Renten sind Pensionen nicht  auf eine Rentenformel ausgerichtet , die auch die Demografie- Entwicklung berücksichtigt und damit unter dem Gehaltszuwachs und häufig unter der Inflationsrate liegt.
  • Bei der BfG Rente kann nicht mehr ausgegeben als eingenommen werden, (abgesehen vom Staatszuschuss für systemfremde Leistungen),  zur Bezahlung der Pensionen werden neue Schulden gemacht. Denn nur für einen ganz geringen Teil der zukünftigen Pensionen sind Rückstellungen angelegt.
  • Jeder Arbeitnehmer kann betriebsbedingt entlassen werden, nur der im Öffentlichen Dienst nicht.
  • Freie Mitarbeiter  sind sogar Verfügungsmasse, Honorare und Vergütungen werden zur Zeit unter jede Schmerzgrenze gesenkt.

Zu fragen ist: Ist das alles gerecht, soll das alles so bleiben?  Eine Gerechtigkeits-Debatte, die enttabuisiert,  ist überfällig. Dies umso dringlicher für den  absehbaren Fall einer Mischung aus Staatsschulden- und Demografie- Bewältigungskrise. Die Vermutung müsste überprüft und politisch widerlegt werden, wonach  die Sicherung der Ansprüche der Staatsbediensteten vor den Ansprüchen der Bürger rangiert.  Denn dies hätte  zur Folge, dass die Bedingungen für heutige und zukünftige Rentenbezieher weiter verschlechtert würden, damit die Altersbezüge im Öffentlichen Dienst bezahlt werden können. Es muss in der Debatte geklärt werden, ob Korrekturen im Öffentlichen Dienst (Entlassungen aus betrieblichen Gründen, Gehaltskürzungen, Kürzungen der Altersbezüge) im akuten Krisenfall ins Handlungsportfolio staatlicher Organe gehören. Die Schwierigkeit besteht darin, das Funktionieren des Staates (wenig Korruption, Selbstbedienung, Vetternwirtschaft, verhältnismäßig intelligente Strukturen, verhältnismäßig gute Einstellung zum Dienst und zum Staat) nicht zu gefährden, aber andererseits in schwierigen Zeiten nicht ausgerechnet die Arbeits- und Einkommensverhältnisse der eigenen Leute für unverrückbar zu erklären. Gleichheit und Leistung müssen in Balance sein, das gilt für jeden einzelnen, jede Gruppe und insgesamt zueinander.

Die Bürger müssen ihren Politikern die Angst vor den Lobbyisten des Öffentlichen Dienstes  nehmen. Wir brauchen eine parteienübergreifende Ermutigungs-Initiative von Bürgern. Heute ist es, siehe Peer Steinbrück, ein halbes Politiker-Selbstmordprogramm, sich auch nur zaghaft mit Beamtenbund , Gewerkschaft Verdi und den anderen Playern des Öffentlichen Dienstes  anzulegen. Dass die meisten Politiker dem Öffentlichen Dienst angehören und nach Karriereende in der Politik nahtlos dahin zurückkehren, ist wahrscheinlich noch nicht einmal ein ausschlaggebendes  Argument für deren Beklommenheit, die auch einen so forschen Politiker wie Peer Steinbrück zurück rudern lässt. Und dabei ging es doch nur um eine Bemerkung, die eigentlich bei funktionierendem Gerechtigkeitssinn selbstverständlich ist. Die SPD erklärt uns nun, was der Kanzlerkandidat gemeint hatte: eigentlich gar nichts. Und wenn was gemeint sein könnte, dann ist es nicht aktuell, sagt SPD-Chef Gabriel. Die Angst der Politiker, als Feind des Öffentlichen Dienstes geoutet zu werden,  ist strukturell. Die Unterwerfungsformel lautet: Es gibt in dieser Frage keinen aktuellen Handlungsbedarf.

Wir lernen: Es lässt sich Polit-Karriere gegen die Kirche, gegen die Wirtschaft, gegen die Zivilgesellschaft, sogar in gewissem Umfang ohne liebende Aufmerksamkeit der Medien machen, aber nicht gegen den Öffentlichen Dienst. Es ist dem Beamtenbund und der Gewerkschaft Verdi gelungen, die Arbeits- und Einkommensbedingungen des Öffentlichen Dienstes   vollständig zu einem Tabuthema zu machen. Politisch unkorrekt handelt, wer dagegen verstößt.  Vorgeschoben werden der kleine Schutzmann, der brave Feuerwehrmann, die aufopfernd engagierte Kita- Erzieherin.  Hinter deren Rücken lässt sich ungestört leben. Hier muss entschieden evolutionär verändert werden. Das geht nur über Störung: Enttabuisierung, Problematisierung und Faktencheck. Wenn Steinbrück hier, vermutlich gegen seine taktische Marschroute, einen Stein ins Wasser geworfen hat, der nun doch Wellen zieht, dann wäre dies eine bemerkenswerte Folge des sogenannten Kanzlerduells.

Aber nochmals: Hier muss der Bürger ran. Die Zivilgesellschaft reklamiert ihren Eigensinn. Hier könnte sie ihn beweisen.

Mit herzlichem Gruß
Henning von Vieregge

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